Biographie Fern Andra

Filmographie
Fern Andra

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Fern Edna Andrews (Vernal Andrews ?) wird am 24. November 1893 (1894?/1895?) in Watseka, Iroquois County, Illinois geboren. Ihre ersten Karriereschritte verdankt sie vermutlich dem Stiefvater, dem Seilkünstler und Agenten Frank St. Clair. Andras Angaben zufolge ist die Mutter, Sadie St. Clair, eine in den USA bekannte Opernsängerin. Sicher ist, dass sie die Kostüme der Tochter genäht hat. Bereits mit vier Jahren steht Fern Andra mit einem Drahtseilakt auf den Brettern des Vaudeville, außerdem singt und tanzt sie. 1899 tritt sie in New York als eine der ersten Kinderdarstellerinnen in dem Film "Uncle Tom's Cabin" in der Rolle der "Little Eva" auf. Später tourt sie mit den Millman-Sisters als Seiltänzerin durch die USA, Kanada und Europa. Bird Millman, Kopf der Truppe, war zu dieser Zeit berühmte Zirkusartistin und Ziegfield-Star.

Nach ihrer Trennung von den Millman-Sisters produziert Fern Andra die "Ragtime Revue" in London in der sie auch auftritt. Nächste Station ihrer Karriere ist die Sascha-Film-Gesellschaft in Wien. Kurze Zeit später wird sie von Leo Gaumont unter Vertrag genommen, und so führt ihr Weg nach Berlin. Sie nimmt zunächst Schauspielunterricht bei Max Reinhardt. 1913 spielt sie in "Ave Maria" unter der Regie von Charles Decroix, es folgen weitere Kriegsfilme: "Auf Patrouille im Osten" und "Vermißt gemeldet".

Mit dem Ausbruch des Krieges ist die französische Filmgesellschaft Gaumont gezwungen, ihre Niederlassung in Deutschland zu schließen. Fern Andra gründet eine eigene Produktionsgesellschaft. In "Geheimnisvolle Gewalten" (1915) wird sie erstmals als Produzentin und Autorin genannt. Im gleichen Jahr führt sie in dem Film "Eine Motte flog zum Licht" erstmals Regie. 1916 eröffnet sie in der Chausseestraße 42 in Berlin das Fern-Andra-Filmatelier, außerdem gehören ihr Lichtspieltheater in München und Düsseldorf. 1917 wird Georg Bluen Geschäftspartner der Fern-Andra-Film-Co., der bei einigen ihrer Filme auch Regie führt.

Als Produzentin, Regisseurin, Drehbuchautorin und Darstellerin wirkt Fern Andra allein in Deutschland an über 40 Filmen mit. Ihr Repertoire an Weiblichkeitstypen ist breit gesteckt: Sie spielt die Millionärstochter, Bürgersfrau, Zirkusartistin, Ballettänzerin, Blumenhändlerin, Schlangentänzerin, Königin, Sklavin. Da sie als Hauptdarstellerin in all ihren Filmen das Milieu und den Frauentyp wechselt - vom armen Fischermädchen zur wohlhabenden Bürgersfrau, von der Tänzerin zur Gräfin und umgekehrt, kann sie sich innerhalb eines Filmes stets neu inszenieren, indem sie den Typ und die Aufmachung wechselt. Die Rollen, die sie sich gibt, sind die einer Frau, der das Schicksal schwere Prüfung auferlegt: In "Die Seele einer Frau" spielt sie eine Mutter, die gezwungen ist, ihr Kind wegzugeben. Vor ihrem Tod sucht sie den inzwischen ins Kloster eingetreten Sohn auf, um in seinen Armen zu sterben: "Das ganze Interesse dreht sich um die Leistung der Andra, die wieder den Erweis bringt, dass sie eine hervorragende Künstlerin ist, die auch in diesem Film neben ihren darstellerischen Leistungen ihre sportlichen Fähigkeiten in das rechte Licht zu rücken weiss." (1) Über die Qualität der melodramatischen Filme läßt sich streiten, doch unangefochten ist Fern Andra neben Asta Nielsen und Henny Porten Star und Publikumsliebling des Kinos der 10er und frühen 20er Jahre.

Zahlreiche ihrer selbst verfaßten Filme spielen im Zirkusmilieu: "Des Lebens ungemischte Freude", "Um Krone und Peitsche", "Des Lebens und der Liebe Wellen" u.a.. In der Rolle der Schulreiterin, Trapezkünstlerin, Seiltänzerin, Dompteurin kann Fern Andra ihr artistisches Können in den Mittelpunkt rücken.

Sie ist eine "self-made woman" des Films, die das show-business von Kindesbeinen an gelernt hat. Die Selbstinszenierung und Selbstvermarktung "durch eine viel angefeindete Reklame, die meist von mir und nicht meiner Gesellschaft gemacht wurde" (2), gehören zu den wesentlichen Attributen ihres Erfolgs. Die beiden Autobiographien, die Fern Andra verfaßt, berichten von sensationellen (Liebes-) abenteuern, die von der zeitgenössischen Presse nicht ohne Ironie kommentiert werden. (3) Was diese vom Privatleben der Fern Andra zu berichten hat, ist nicht weniger spektakulär: Als Amerikanerin wird sie durch den Kriegseintritt der USA zur "feindlichen Ausländerin" und später der Spionage verdächtigt, und nur die Heirat mit dem Baron Friedrich von und zu Weichs, der kurze Zeit später im Krieg fällt, rettet sie -angeblich- vor dem Tod.

1919 verläßt sie die Fern-Andra-Film-Co. Georg Bluen. Aus einem Rechsstreit zwischen der Fern-Andra-Film-Vertriebsgesellschaft und der Decla, mit der Andra in der Folge zusammenarbeitet, gehen sie und die Decla als Sieger hervor. 1920 arbeitet sie unter der Regie von Robert Wiene. Für ihre Darstellung in "Genuine" erhält sie Anerkennung, wenn sie auch Wienes Regiearbeit zugesprochen wird: "Fern Andra ist jetzt etwas geworden, sie hat den richtigen Regisseur gefunden." (4)

1922 geht eine weitere Sensationsmeldung durch die Presse: Nach einem Flugzeugabsturz wird sie zusammen mit Lothar von Richthofen von der amerikanischen Zeitschrift "Variety" für Tod erklärt. Doch Fern Andra überlebt den Absturz.1924 heiratet sie den Boxmeister Kurt Prenzel. Anfang der 20er Jahre beginnt der Stern Fern Andras in Deutschland zu sinken. Weder die Sujets noch ihr Spiel entspricht den Vorstellungen von moderner Filmdarstellung. 1928 geht sie nach England, 1930 in die USA, ohne jedoch an ihre früheren Erfolge anknüpfen zu können. 1943 hat sie in "Lotus Lady" ihre letzte Rolle. Danach inszenierte sie Theaterstücke, arbeitete für den Rundfunk und als Managerin und Kostümberaterin in Hollywood. 1938 heiratet sie den Brigadegeneral Sam E. Dockrell. Anfang der 50er Jahre kehrt sie mit ihrem Mann nach Deutschland zurück, wo sie 1966 eine Rolle im Theaterstück "Tragödie einer Diva" übernimmt. Bis 1973 lebt sie in Wiesbaden und ist auf der Suche nach ihren Filmen. Der größte Teil ihres filmischen Werks gilt als verschollen.

1973, kurz nach der Rückkehr in die USA, stirbt ihr Mann, und nur ein halbes Jahr später, am 8.2.1974, Fern Andra in einem Pflegeheim in Aiken, South Carolina.

K.H.

Fussnoten:

(1) Der Kinematograph, Nr. 479, 1.3.1916.(back)
(2) Kurt Mühsam/Egon Jacobsohn (Hrsg.), "Wie ich zum Film kam". Lexikon des Films, Berlin (Verlag der Lichtbühne) 1926. (back)
(3)"Unsere Fern", in: Film-Hölle, Nr. 4, Dezember 1920, S. 6f. (PDF) (back)
(4) Berliner Tageblatt, 3.9.1920. (back)



Literatur und andere Quellen:

  • Fern Andra, Der Weg der ins Glashaus führte. Roman eines Frauenlebens, Berlin (Paul & Co) 1919. (PDF)
  • Fern Andra, Was ich über mich zu sagen weiss, Berlin (Mörlins 1920), Kino-Album 1.
  • Cinegraph. Lexikon zum deutschsprachigen Film, hrsg. von Hans-Michael Bock, München (edition text & kritik) 1984.
  • C. Phoenix, "Fern Andra", in: Deutsche Filmwoche, Nr. 19, 1926, S.8
  • Variety, 7.7.1922
  • "Als es noch Legenden gab...Zum Tode von Fern Andra", Der Tagesspiegel, 13.2.1974
  • Filmpionierinnen in Deutschland. Ein Beitrag zur Filmgeschichtsschreibung. Abschlussbericht (unveröffentlich). 502 Seiten



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