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Elisabeth
Sara Schiff wird am 14.1.1878 (14.1.1887?) als Tochter von Simon Schiff
und Valesca von Sonnenthal in Leipzig geboren. Nach dem Lyceum besucht
sie eine Theaterschule in Berlin. 1902 beginnt ihre Karriere als Schauspielerin,
die sie über
Breslau und Köln ins "Intime Theater" nach Nürnberg
führt. Es ist in dieser Zeit das einzige deutsche Theater, das
es wagt, Wedekinds "Die Büchse der Pandora" aufzuführen,
dessen aufreizende Heldin Lulu Else Schiff spielt.(1)
Daraufhin holt Otto Brahm die junge Schauspielerin ans Berliner Lessingtheater.
An der Seite von Albert Bassermann tritt sie u.a. in Ibsens Drama
"Nora" und Schnitzlers Schauspiel "Der Ruf des Lebens"
auf. Else Schiff und der elf Jahre ältere Albert Bassermann verlieben
sich. Doch die Liebe erweist sich als schwierig und Missverständnisse
zwischen den beiden führen erst einmal zur Trennung. Else Schiff
verlässt noch vor Ende der Spielzeit das Lessing-Theater und
geht nach Hannover. Erst nach Monaten treffen sie sich wieder, als
Else Schiff das Ensemble des Lessing-Theaters für ein Gastspiel
nach Wien begleitet. Im Dezember 1908 heiratet das Paar, nachdem ihre
Tochter Carmen bereits im Februar geboren wurde.
Die Bassermanns ziehen in die Schlüterstrasse nach Berlin/Charlottenburg.
Von 1908 bis 1914 ist Else Bassermann Mitglied im Ensemble von Max
Reinhardt, von 1914 bis 1919 tritt sie erneut am Lessing-Theater
auf. Während des Ersten Weltkrieges ist sie zeitweise auch als
Krankenschwester tätig. Von 1919 bis 1932 hat Else Bassermann
Engagements an zahlreichen Berliner Bühnen: am Staatstheater
Berlin, am Lustspielhaus, am Theater am Kurfürstendamm, am Hein
Saltenburg-Theater u.a.. Von 1924-1927 ist sie wieder Mitglied im
Max-Reinhardt Theaterensemble, ab 1930 im Deutschen Künstlertheater
und dem Deutschen Theater.
Bereits
1913 findet Else Bassermann ihren Weg zum Film. In "Gerda
Gerovius" (Dr. Hans Oberländer, 1913), der am 31.01.1913
in Berlin uraufgeführt wird, feiert sie ihr Debüt.
Unter dem Pseudonym Hans Hennings verfasst sie zahlreiche Drehbücher
für ihren Mann, wobei sie für sich häufig die weibliche
Hauptrolle vorsieht. Von 1917 bis 1920 ist sie als Autorin für
die Greenbaum-Film GmbH in Berlin tätig. Ihre Drehbücher
werden meist von den Regisseuren Adolf Gärtner und William Wauer
inszeniert. Insgesamt 11 Drehbücher sind in der Literatur nachgewiesen,
die Zahl liegt vermutlich höher.
Dass sich hinter dem Pseudonym Hans Henning Else Bassermann bzw. Else
Schiff verbirgt, war zu jener Zeit anscheinend nicht bekannt. Im Fall
des erfolgreichen Films "Du
sollst keine anderen Götter haben" (DE 1917) nennt die
Filmpresse jedoch Else Schiff als Verfasserin.(2)
Ihre
Drehbücher sind "filmwirksam" und unterhaltsam: "Ein
spannender, an originellen Ideen reicher Sechsakter von Hanna Hennings
[sic !]. Alles, was das Publikum von einem Unterhaltungsfilm erwartet,
ist geschickt im Manuskript verwendet worden und zwar mit starker
Wirksamkeit, da man Gegensätze drastisch gegenüberstellte:
Hier die vornehme Gesellschaft - da Großstadtverbrecherwesen;
hier bitterer Ernst - da frischer mitreißender Humor."(3)
Doch ihre Drehbücher werden auch kritisiert: "Für einen
großen Künstler wie Albert Bassermann", so ein Journalist
zum Film "Die Stimme"
(Adolf Gärtner, 1920) "sollte man doch andere Stoffe finden,
als dieses an Unmöglichkeiten reiche, von Hans Hennings verfasste
Manuskript...".(4)
Else Bassermann steht zwar im Schatten ihres äußerst erfolgreichen
Ehemanns, doch auch ihre schauspielerische Leistung wird anerkannt.
Hevorgehoben wird die Natürlichkeit mit der sie ihre Rolle verkörpert:
"Albert und Else Bassermann wie immer von ungezwungener Natürlichkeit..."
(5) (in "Masken",
Willliam Wauer, 1920); "Else Bassermann als Friedel wirkte angenehm
durch Natürlichkeit..." (6)
(in "Das Werk seines Lebens", Alfred Gärtner, 1920).
1922 dreht Richard Oswald im Ufa-Messter Atelier in Berlin Tempelhof
den Film "Lucrezia Borgia" mit Albert Bassermann in der
Hauptrolle. Else Bassermann spielt von nun an nur noch kleine Nebenrollen.
Albert
Bassermann tritt nicht gern ohne seine Frau auf. Verträge mit
Bassermann können - zum Ärgernis der Intendanten und Produzenten
- nicht abgeschlossen werden, ohne dass dabei eine Rolle für
seine Frau herausspringt.(7)
Ihr Gegenspiel, so Bassermann würde ihn zur Entfaltung seines
Könnens anregen.(8)
Nach
der Machtergreifung der Nazis kann Else Bassermann nicht mehr auftreten.
Sie ist Jüdin. Als Albert Bassermann im April 1934 ein Gastspiel
in Leipzig abschließen will, lehnt man ein Engagement seiner
Frau aus rassischen Gründen ab. Die Bassermanns ziehen sich in
ihr Landhaus in Arosa (Schweiz) zurück. Sie geben noch zahlreiche
Gastspiele in der Schweiz, Österreich und der Tschechoslowakei
- bis zur Annektierung Österreichs 1938. Die Bassermanns emigrieren
in die USA. Dort werden sie von Warner Bros. unter Vertrag genommen
und erhalten wöchentlich einen 100$ Scheck, um ihren Lebensunterhalt
zu bestreiten. Die erhofften Rollen bleiben für Else Bassermann
allerdings aus. Die Zeit in Hollywood (1939-1946) war sehr schwierig
für das Ehepaar, da Else Bassermann im Gegensatz zu ihrem Mann
keinen Vertrag bei Warner Brothers erhielt; daraufhin kündigte
auch Albert Bassermann seinen Vertrag, obwohl er sehr erfolgreich
war. Else Bassermann hatte sich in Unkenntnis der englischen Sprache
positiv über das Dritte Reich geäußert, was ihr in
Amerika große Antipathien einbrachte.
1940 erhält Else Bassermann eine kleine Rolle in Hitchcocks "Foreign
Correspondent", bei dem auch ihr Mann mitspielt.(9)
1946 kehren die Bassermanns nach Europa zurück. Zusammen mit
ihrem Mann gibt sie ihre erste Gastvorstellung in Zürich. 1949
tritt Else Bassermann zum ersten Mal wieder in Deutschland auf. Sie
spielt die Rolle der Helene Alvig in dem Ibsen Stück: "Gespenster".
Es folgen verschieden verschiedene Gastspiele mit ihrem Ehemann in
Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Beneluxländern.
1952 stirbt Albert Bassermann auf dem Flug von New York nach Zürich.
Für die Spielzeit von 1953 bis 1955 verpflichtet Heinz Hilpert
Else Bassermann für das Deutsches Theater Göttingen. Vor
ihrem ersten Auftritt als Marthe Schwertlein in Goethes "Faust"
unternimmt Else Bassermann einen Suizidversuch in ihrer Göttinger
Wohnung. Sie leidet sehr unter dem Verlust ihres Mannes, von dem sie
Zeit ihres gemeinsamen Lebens keinen Tag getrennt war.
In den 50er Jahren schreibt sie mehrere Artikel für den Mannheimer
Morgen und das Feuilleton der Baseler "Nationalzeitung".
1957 erkrankt Else Bassermann. Sie zieht mit ihrer geistig behinderten
Tochter nach Baden-Baden, wo sie "in ihrem betont burschikos-künstlerischen
Aufzug eine auffallende Erscheinung [ist]."(10)
Wie schwierig ihre finanziellen Verhältnisse sind, erfährt
man in dem Briefwechsel mit dem Agenten Paul Kohner.(11)
Else Bassermann muß 1958 ihre Wohnung aufgeben und zieht mit
ihrer Tochter zu einer gelähmten, mittelosen Frau, um sie zu
pflegen.
Am 29. Mai 1961 stirbt Else Bassermann im Alter von 83 Jahren.
Aus: Hansch, Gabriele / Waz,
Gerlinde. Filmpionierinnen in Deutschland. Ein Beitrag zur Filmgeschichtsschreibung.
Berlin 1998. (unveröff.)
Fussnoten:
(1) Waz, Gerlinde, Fragmente eines Lebens. Die Schauspielerin
und Drehbuchautorin Else Schiff-Bassermann. In: Filmexil Nr. 12/2000,
S. 25-37..(back)
(2) Der Kinematograph, Nr. 560 (1917), S. 14 (back)
(3)"Die Söhne des Grafen Dossy". In:
Der Film, Nr. 20 (1920), S. 42 (back)
(4) Der Film, Nr. 13, 1920, S. 22 (back)
(5)"Masken". Der Film, Nr. 40 (1919), S.
48 (back)
(6) Der Film Nr. 38 (1920) , S. 25 (back)
(7) Waz, Fragmente eines Lebens, a.a.O. (back)
(8) Bühnengenossenschaft Nr, 7 (Juli 1961) (back)
(9) Waz, Fragmente, a.a.O. (back)
(10) Abendpost (Frankfurt), 15. (16 ?) August 1953
(back)
(11) Waz, Fragmente eines Lebens, a.a.O.
(back)
Literatur und andere Quellen:
-
Waz,
Gerlinde. Fragmente eines Lebens. Die Schauspielerin und Drehbuchautorin
Else Schiff-Bassermann. In: Filmexil Nr. 12/2000, S. 25-37.
-
Bab,
Julius (1929)
-
Dormitzer,
Else. Berühmte jüdische Frauen in Vergangenheit und
Gegenwart. In: Das Licht. Berlin: Philo Verlag u. Buchhandlung,
Heft 13, 1925. (Broschüre mit 20 S.)
-
E.
A. Dupont veröffentlichte zahlreiche Artikel über das
Ehepaar Bassermann in den amerikanischen Zeitschriften Movie Life
und Hollywood Magazine; darin auch zahlreiche Interviews mit den
Bassermanns (E.A. Dupont war Bassermanns amerikanischer Agent)
-
Jaray,
Hans (1990). Was ich kaum erträumen konnte... Ein Lebensbericht.
Wien, München: Amalthea. S. 176-177 (über die letzten
Tage in Wien, NS-Zeit; Anfänge in Hollywood).
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