Biographie Luise Kolm (= Luise Fleck)



Filmographie

 


Luise Veltée wird am 1.8. 1873 in Wien geboren. Der Vater, Ludwig Veltée war Feuerwerker und Begründer des Stadtpanoptikums in Wien. Nina Veltée, die Mutter von Luise, stammte aus einem alten Adelsgeschlecht aus Lyon. Sie war damals schon berufstätig und bediente die Kasse des Wiener Panoptikums. So scheint Luise Veltées zukünftige Berufstätigkeit als Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin nicht ungewöhnlich.
Luise Kolm - sie heiratet den Wiener Fotografen Anton Kolm - zählt zu den Pionierinnen des österreichischen Stummfilms. 1908 führt sie erstmals Regie bei dem Film "Am Gänsehäusl"; damit wäre sie die erste Filmregisseurin der k. u. k-Monarchie, was allerdings nicht ganz gesichert ist.
Luise und Anton Kolm, Jakob Fleck und Claudius Veltée (der Bruder von Luise) gründen 1911 (1908?) die erste österreichisch-ungarische Filmproduktionsfirma, die "Wiener Kunstfilm". Hier ist sie als Regisseurin und Produktionsleiterin tätig (1):"Luise Kolm ist ein geniales Allroundtalent zumal sich der Ehemann Kolm lediglich um die Finanzen kümmerte - sie machte alles, sie klebte Filme, machte die Schriften und half ihrem Bruder im Laboratorium. Ohne ihre Antriebsfunktion wäre der Fortbestand der Firma fraglich gewesen. (2)"
1919 gründen die Kolms und Fleck die "Vita-Film" in Wien und die "Wien-Film" am Rosenhügel.
Seit 1911 führen Luise Kolm und Jakob Fleck eine Regie-Partnerschaft. 1924, zwei Jahre nach dem Tod von Anton Kolm heiraten die beiden. Im gleichen Jahr geht die Vita-Film bankrott. Das Ehepaar Kolm-Fleck übersiedelt nach Deutschland, und setzt dort ab 1926 seine Regietätigkeit für Beliner Produktionsgesellschaften fort, u.a. für Liddy Hegewald und die Ufa. Von 1923-1933 leben und arbeiten die Flecks mit dem Sohn Walter in Berlin.
In diesem Zeitraum drehen sie 30-40 Filme; teilweise produzieren sie neun Filme pro Jahr. Sohn Walter Kolm-Veltée absolviert eine Tonmeisterausbildung bei Tobis-Film in Berlin.
Als Hitler 1933 die Macht ergreift, kehrt die Familie zurück nach Wien, da Jakob Fleck Jude ist.

Für Hegewald-Film produzieren sie noch weiter in Österreich und Prag, wobei der Sohn Walter pro forma für die Regie verantwortlich ist. Doch auch dies kann nicht lange geheimgehalten werden. Der letzte Film, den die Flecks in Österreich realisieren, ist das Anzengruber-Melodram "Der Pfarrer von Kirchfeld" (1937) (3).
Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 fällt für die Flecks jegliche Berufstätigkeit im Filmmetier aus. Jacob Fleck retuschiert zu Hause für einen Fotografen. 1938 wird er in den Konzentrationslagern Buchenwald und Dachau interniert. Nach seiner Entlassung verschafft Wilhelm Dieterle, der durch seine Rolle in "Der Pfarrer von Kirchfeld" (1926) sehr bekannt wurde, dem Ehepaar ein Avidavit. 1940 emigrieren die Flecks nach Shanghai. In dieser Zeit realisieren sie zusammen mit dem chinesischen Regisseur Fei Mu den Film "Söhne und Töchter der Welt" (1941), der am 4. Oktober 1941 im Jindu Theater in Shanghai Premiere hat (4).
Nach einer Zeit voller Entbehrungen kehren Luise und Jakob Fleck 1947 nach Österreich zurück, wo sie ihren Lebensabend verbringen. Luise Fleck stirbt am 15. März 1950 in Wien/St. Veit und wird in der Familiengruft der Kolm-Veltées beigesetzt. Drei Jahre später verstirbt auch Jacob Fleck.

Walter Kolm-Veltée schildert Luise Fleck als dynamische, humor- und phantasievolle Frau (5).
Seinen Beschreibungen zufolge mit Kolm verlief die Ehe glücklich. Die Rollenverteilung innerhalb der Firma erfolgte den jeweiligen Fähigkeiten entsprechend, meistens kümmerte sich Anton Kolm um die kommerziellen Angelegenheiten der Firma. Luise Fleck arbeitete intuitiv und hatte ein Gespür für den damaligen Publikumsgeschmack. Ihr Motto: "Wir machen einen schönen Film, denn wenn er mir gefällt und gut wird, dann gefällt er auch dem Publikum." Die Drehweise beschreibt Kolm-Veltée als äußerst rationell: Oftmals wurden 8-10 Filme vorgeplant; im Winter wurden für alle Filme die Atelieraufnahmen gemacht, im Sommer erfolgten alle Aussenaufnahmen - bei "Freilicht". Das bevorzugte Genre der Flecks während der Stummfilmzeit waren Musikfilme (z. B. Lehar-Operetten, Orloff) und "wienerische Filme, die in Berlin gern gesehen wurden.
Insgesamt schrieb Luise Kolm 18 Drehbücher, führte 53 mal Regie und war Produzentin von 129 Filmen (6).


Aus: Hansch, Gabriele / Waz, Gerlinde. Filmpionierinnen in Deutschland. Ein Beitrag zur Filmgeschichtsschreibung. Berlin 1998. (unveröff.)


Fußnoten

(1) Hier differieren die Angaben des Sohnes Walter Kolm-Veltée.(back)
(2) Eduard Sekler, Schauspieler der "Wiener Kunstfilm". In: Filmgeschichte(n) aus Österreich, Folge 2, ORF, 1970. (back)
(3) Die Flecks verfilmen den "Pfarrer von Kirchfeld" zweimal: 1926 in Deutschland und 1937 in Österreich. (back)
(4)Guoqiang Teng, Fluchtpunkt Shanghai. Luise und Jakob Fleck in China 1939-1946. In: Film-Exil SDK (4/1994). (back)
(5) Interview mit Walter Kolm-Veltée. (back)
(6) lt. österr. Filmographie. Markus Nepf führt in seiner Diplomarbeit weit höhere Zahlen auf. (back)

 

Literatur und andere Quellen:

  • Nepf, Markus. Die Pionierarbeit von Anton Kolm, Louise Velteé/Kolm/Fleck und Jacob Fleck bis zu Beginn des 1. Weltkrieges. Diplomarbeit. Wien 1991, 200 S. (ÖFA Wien)
  • Guoqiang Teng. Fluchtpunkt Shanghai. Luise und Jakob Fleck in China 1939-1946. In: Film-Exil SDK (4/1994)
  • Historisches Lexikon Wien. Bd. 1. Wien 1992
  • Österreich Lexikon. Bd. 1. Wien 1995
  • Kalbus (1935) S. 83 zu dem Operettenfilm Orlow (1927)
  • Robert von Dassanowsky, Female Visions: Four Female Austrian Film Pioneers. In: Modern Austrian Literature. Vol. 32, No. 1, 1999
  • Bock, Hans-Michael CINEGRAPH. Lexikon zum deutschsprachigen Film. Loseblattwerk. München: Verlag edition text + kritik
  • Wenninger Kay, Das große Personenlexikon des Films. Bd. 3 (S. 12 Jakob Julius Fleck), Berlin 2001
  • Unveröffentlichte Literatur:

  • Gabriele Hansch im Interview mit Walter Kolm-Veltée, Wien, 3.7. 1996
  • Österreichische Filmographie über Louise Kolm, erstellt von Dr. Krenn (ÖFM Wien)