Inhalt

Boni wohnt im Haus seiner verstorbenen Mutter in Marseille, verdient sein Geld als Pizzabäcker, lebt im Tagebuch-Schreiben seine sexuellen Phantasien aus und bezeichnet sich selbst als pervers. Selbstverliebt hat er sich in einer eng quadrierten Welt eingerichtet, zwischen kuscheligen Gegenständen, einer sonor-erotisch blubbernden Kaffeemaschine und seinen Träumen von der Bäckereiverkäuferin. In diese Welt dringt unvermittelt seine Schwester ein. Sie ist schwanger, vom Internat abgehauen und will unbedingt abtreiben. Zwischen der verstockten Ablehnung von Boni und der trotzigen Unsicherheit von Nenette inszeniert Claire Denis eine intensive Bruder-Schwester-Beziehung, die zwischen vehe-
menter Ablehnung und Vertrautheit pendelt.
Parallel und fragmentarisch wird auch die Geschichte von gefaketen Telefonkarten erzählt, mit denen man für nur l00 FF endlos in der ganzen Welt telefonieren kann. Zwischendurch beschwert sich jemand über eine viel zu hohe Telefonrechnung und darüber, noch nie nach Vietnam telefoniert zu haben. Diese und viele Einzelteile mehr, werden als eine Art Versuchsanordnung montiert, die die Erzähltechnik von J'AI PAS SOMMEIL gewissermaßen noch perfektioniert und durch das Stilmittel der engen Kadrage die Wahrnehmung auf ein intimes, physisch-materielles Außen lenkt. Es ist ein filmisch-physisches Sichtbarmachen von Beziehungen, Ängsten und Begehren, fern von Psychologisierungen.