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Johanna
Franzisca Lothka wird am 6. April 1881 in Prag als Tochter des Bäckermeisters
Alois Lothka und seiner Frau Henriette, geborene Brabec, geboren.
Sie besucht das älteste deutsche Internat Jenny Kirschbaum (später
Beneschowsky) in Prag und erhält dort eine deutsch-französische
Erziehung.
1906 wird sie von ihrem ersten Gatten, Josef Skorpil, geschieden (1).
1908-1909 studiert sie Kunst-, Kulturwissenschaften und Literatur
in Prag, London und München. Danach schlägt sie eine Laufbahn
als Schaupielerin ein: Fritz Basil vom Hoftheater München bildet
sie für die Bühne aus, 1910 kommt sie zu Max
Reinhardt ans Deutsche Theater in Berlin. Nebenher lässt
sie sich privat von Eduard von Winterstein ausbilden.
Sie wechselt von Berlin ans Hoftheater nach Darmstadt und von dort
aus ans Schauspielhaus nach Düsseldorf. Doch die Bühnenlaufbahn
scheint ihr nicht zuzusagen. Iwa Raffay widmet sich erneut den kunsthistorischen
Studien und beginnt mit der Schriftstellerei.
1913 wird "Die
Berliner Range" (Max Mack) ohne Änderungen der literarischen
Vorlage von der Vitascope GmbH verfilmt, als Autorin des gleichnamigen
Buches bleibt Iwa Raffay allerdings unerwähnt.
1917 (?) geht sie mit Reinhardts Produktion "Orestie" auf
Tournee in die Schweiz.
Im Winter 1917 wird sie wegen Entkräftung und Unterernährung
in das Krankenhaus St. Norbert in Berlin-Schöneberg eingewiesen.
1918 folgen Verträge als Drehbuchautorin mit der Union-Film,
der Deulig-Film und der Bioscope. Noch im gleichen Jahr wird ihr die
erste Regie angeboten:
"Nur ein Schmetterling"
(mit Alfred Abel in der Hauptrolle) sowie für drei weitere Filme,
u.a. "Tausend und
eine Frau" (1918) und "Die
Augen von Jade" (1919).
1918 besitzt
Iwa Raffay bereits ihre eigene Produktionsfirma, die Iwa Raffay-Film-Gesellschaft
(2). Sie führt
Regie in weiteren 9 Filmen, zu denen sie auch die Drehbücher
verfasst. "Der Hirt
von Maria Schnee" (1919), ihre vorletzte Regiearbeit, wird
1922 zum Exportschlager in die USA.
Mit der Ufa steht
sie in Verhandlungen über die fertiggestellte Operette "Die
gläsernen Schuhe" sowie dem Ausstattungsfilm "Die beiden
Schwestern".
1922 arbeitete sie als Drehbuchautorin für die Filmproduktionsfirma
Irfag.
1929 beginnt sie mit dem Drehbuch "Das Liebesmahl der drei Kardinäle",
ein Film über den Geigenkönig Paganini. Sie arbeitet mehrere
Jahre daran; die Iwa Raffay- Film erwirbt das Drehbuch. Im Juni 1929
beginnen die Dreharbeiten zum Film.
Von 1934 bis
1935 schreibt sie für "Der Weltkreis". 1938-39 bearbeitet
sie für den Rundfunk den Text "Das Mutterlied ", der
gleichnamige Film nach einer Idee von Iwa Raffay und Ticho-Fürst-Meyrink
(?)kam zuvor bei Italia-Film heraus.
1939 stellt Iwa
Raffay einen Anfrage beim "Künstlerdank" (3)
auf Unterstützung. Sie wird abgelehnt, weil sie als politisch
unzuverlässig gilt und als "eine üble Begleiterscheinung
einer verflossenen Systemzeit" abgestempelt (4).
1941 verfaßt sie zwei Manuskripte für die Euphono-Film:
"Brocken vom Glück" und "Die beiden Schwestern,
eine Liebesgeschichte zweier Tänzerinnen, die im Alltags- und
Hoftheatermilieu in Alt-Berlin um 1885 spielt. Es kommt zu Rechtsstreitigkeiten
mit der Euphono-Film, so daß Iwa Raffay den Stoff der Berlin-Film
anbietet. "Die beiden Schwestern" wird 1943 von Erich Waschnek
verfilmt. Das Drehbuch schreibt Karl Peter Gillmann nach der literarischen
Vorlage von Iwa Raffay;
Als sie 1943 mit ihrer Sekretärin nach Prag und Wien reisen will,
wird der Antrag abgelehnt mit der Begründung: "...dass Frau
Raffay viel Wind macht und nur das Bestreben hat, aus Berlin, das
ihr wegen der Luftangriffe auf die Nerven fällt, fortzukommen."
(5)
Iwa Raffay verfasst das Manuskript zu dem Film "Die schwarze
Robe" (R: Erich Ebermeyer, B: Fritz Peter, 1944), gedreht in
den Holland-Ateliers in Amsterdam und Den Haag. Nach Ende des Krieges
wird der Film von der Allierten Militärregierung in Deutschland
verboten.
Das Todesdatum und -ort von Iwa Raffay sind nicht bekannt.
Aus:
Hansch, Gabriele / Waz,
Gerlinde. Filmpionierinnen in Deutschland. Ein Beitrag zur Filmgeschichtsschreibung.
Berlin 1998. (unveröff.)
Fußnoten
(1) Raffays zweiter Ehemann ist der Schauspieler Karl
Falkenberg.(back)
(2) Der Filmbote Nr. 14, 1918, S. 6). (back)
(3) Der "Künstlerdank" war eine staatliche
Einrichtung im Nationalsozialismus, um bedürftigen Künstlern
zu helfen. (back)
(4)Aktenvermerk vom 8.3.1939, Korrespondenz mit "Künstlerdank"
(Bundesarchiv Berlin) (back)
(5)Aktenvermerk der Reichsschrifttumskammer (RSK)
vom 5.4.1943 (Bundesarchiv Berlin) (back)
Literatur
und andere Quellen:
- Der Filmbote
Nr. 14, 1918, S. 6.
- Filmkurier
vom 10.6.1920.
- Richter, Hans
(Hrsg.) Filmstern 1922. Richters Handbuch der Schauspieler, Regisseure
und Schriftsteller des Films. Berlin: Richter, 1921/22 (= Kinojahrbuch,
4. Jg.).
- Glenzdorfs
Internationales Film-Lexikon. Bad Münder: Prominent-Filmverlag,
1960-1961
- Wendtland,
Karlheinz. Geliebter Kintopp (o.J.)
- Ulrich, Paul
S. Biographisches Verzeichnis für Theater, Tanz und Musik.
Berlin-Verlag (= CD-Rom), 1997
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